Beim Kuchenbacken nehmen wir es meist doch sehr genau. Bei den geforderten 75 Gramm Zucker sollte auch die Zahl „75“ auf der Waage erscheinen. Wer weiß, bei welcher nicht genau abgemessenen Zutat der Kuchen misslingt. Einmal falsch dosiert und schon muss Ersatz bei der nächsten Konditorei oder Supermarkt beschafft werden. Die, die nach Gefühl handeln und die Mengenangaben eher als Vorschlag verstehen, geben selten zu, dass bei der Kaffeetafel am Nachmittag der zweite Versuch auf dem Tisch steht. Oftmals gelingen die Dinge nicht beim ersten Mal – egal wie genau wir es dabei nehmen. Manchmal gibt es noch nicht einmal eine zweite Chance.
So erbarmungslos erscheint uns manchmal das Leben. Einmal vom Plan abgewichen und das Chaos ist da. Einmal falsch abgebogen und die Katastrophe nimmt ihren Lauf. Ein falsches Wort und Zerwürfnisse brechen sich Bahn. Meist reicht eine Kleinigkeit und eine Tür schlägt zu. Manchmal handeln wir in bester Absicht und sorgen dennoch dafür, dass etwas zerbricht. In tausend Stücke springt. Wer schonmal versucht hat, einen Teller zu kleben, der nur in der Mitte auseinandergebrochen ist, weiß, dass der Riss immer zu sehen sein wird. Unser Handeln hinterlässt Spuren. Läuft etwas schief und zerbricht, dann sind es deutlich sichtbare Spuren.
Nichts in dieser Welt ist perfekt. Wir müssen sterben, weil wir nicht ewig leben werden. Wir werden krank. Manchmal wissen wir noch nicht mal warum. Ehen halten in Deutschland im Durchschnitt 15 Jahre. Wer jetzt denkt, das betrifft mich nicht, macht sich etwas vor. Viele Umstände haben wir nicht in der Hand. Und dann sind wir noch von anderen abhängig. Wir wollen perfekt handeln und scheitern täglich neu.
Nicht einmal in der Bibel finden wir perfekte Menschen:
Noah betrank sich
Jakob war ein Lügner
Moses ein Totschläger
Gideon hatte Angst
Rahab war eine Prostituierte
David hatte eine Affäre
Jeremia war depressiv
Jesaja predigte nackt
Jona rannte vor Gott weg
Petrus war jähzornig
Auch Jesus, dessen Geburt wir zu Weihnachten feiern, kam in diese unperfekte Welt. Überall Scherben. Doch Jesus wurde als Retter angekündigt, der uns den Druck nimmt, perfekt sein zu wollen. Der uns so sieht, wie wir sind. Der möchte, dass wir uns ihm anvertrauen und mit den Scherben in der Hand uns an ihn wenden.
So wie eine Kleinigkeit alles kaputt machen kann, so kann eine Kleinigkeit wieder alles ins Lot bringen, zusammenfügen. Ohne, dass Risse zu sehen sind. Weihnachten lädt uns ein, auf diese Kleinigkeit, auf dieses Kind in der Krippe zu schauen. Dort blickt uns der Retter dieser Welt an. Dafür ist er gekommen. Dafür sollten wir uns Zeit nehmen, um uns bewusst zu werden, was dieses Angebot für uns bedeuten kann. Dafür lohnt sich der kleinste Moment.
Wer wissen will, welche die beliebtesten Weihnachtslieder der Deutschen sind, der wird im Internet meist auf populäre Lieder von Mariah Carey, Wham! oder Chris Rea stoßen. Dass die Klassiker, die früher jeder mitsingen konnte, dort nicht gelistet sind, ist dem modernen Streamingverhalten geschuldet. Wenn man das Wort „klassisch“ in der Suche dazu eingibt, werden Erinnerungen an die Kindheit wach: „Stille Nacht, heilige Nacht“, „Ihr Kinderlein kommet“ oder „Oh du fröhliche“. Weil viele die Texte nicht mehr kennen, werden die Strophen in Zeitungen abgedruckt oder im Internet zum Download angeboten. Denn die alten Melodien haben nichts an ihrer Beliebtheit eingebüßt. Begehen Sie das Weihnachtsfest von Anfang an „fröhlich“ und laden Sie entsprechend dazu ein.
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Gäbe es Weihnachten nicht, müsste man es erfinden – so groß ist die Bedeutung dieses Festes für Wohlbefinden und Miteinander. Für 79 Prozent der Befragten liegt die Bedeutung von Weihnachten darin, Zeit mit der Familie verbringen zu können, 65 Prozent legen Wert auf Ruhe und Entspannung und 50 Prozent freuen sich auf gutes Essen. Für 24 Prozent der Befragten ist die christliche Bedeutung dieses Festes wichtig. Das ergab eine Umfrage, die im November 2018 unter den Nutzern von Utopia, Deutschlands führender Website für nachhaltigen Lebensstil, durchgeführt wurde. Damit nicht Stress und Hektik vor und während des Weihnachtsfestes die Oberhand gewinnt:
Zeit der Superlative
Die Advents- und Weihnachtszeit ist eine Zeit der Superlative. Erstmals hat der Einzelhandel 2018 einen Umsatz von rund 100 Milliarden Euro gemacht. Ein Grund: Jeder Deutsche gab knapp 500 Euro für Geschenke aus. Das macht nachdenklich, wo doch in unserer Überflussgesellschaft jeder gefühlt schon eh alles sein Eigen nennen kann. Hinzu kommt, dass unsere Freude meist nur kurz anhält. Oder wer weiß noch, was beim letzten Fest für ihn unterm Baum lag? Die Frage ist doch: Warum schenken wir denen, die wir an meisten lieben, immer wieder Dinge? Wie wäre es mit Alternativen, an die sich Schenker und Beschenkte noch lange erinnern werden. Verschenken Sie doch gemeinsame Zeit:
Waldluft statt Parfüm
Blumen pflanzen statt Blumenstrauß
Kochabend statt Kochbuch
Schrank aufräumen statt Shopping
Vorlesen statt Buch
Hauskonzert statt Streaming-Gutschein
Kunstausstellung statt Kunststoffverpackung
Chauffieren statt Geld fürs Ticket
Stadionbesuch statt Live-Übertragung
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Jürgen
: Wollen wir gleich einen Termin ausmachen?
Carola
: Ja gerne. Ich gehe jetzt erst mal zum Gottesdienst. Sehen wir uns?
Jürgen
: Ja klar! Bis nachher.
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Den berühmtesten Weihnachtsbaum der Welt vor dem Rockefeller Center in New York illuminieren rund 45.000 LED-Birnen und rund 25.000 (echte) Swarovski-Kristalle. 18 Millionen Besucher erfreuen sich jedes Jahr an dem funkelnden Anblick. Die US-Amerikaner schmücken ähnlich opulent ihre Häuser, Fenster, Bäume. Dieser Trend aus den USA findet auch hierzulande immer mehr Nachahmer. Es wird immer fleißiger dekoriert. Den Rekord hält wohl das Haus der Familie Leicht in Thüringen: Rund 130.000 Lämpchen sorgen für eine Touristenattraktion vom 1. Advent bis Weihnachten.
Der festliche Glanz von Weihnachten muss gar nicht im XXL-Format stattfinden. Die meisten von uns werden ihre Fenster schmücken, vielleicht einen Adventskranz aufstellen und im Garten oder auf dem Balkon eine Pflanze oder das Geländer mit einer Lichterkette verzieren. Das Licht ist warm und behaglich. Unser Zuhause wollen wir eben besonders schön gestalten.
Tief in uns haben wir die Sehnsucht nach einer heilen Welt. Das Gefühl, dass alles gut ist oder werden könnte, wollen wir nicht loslassen. Es durchströmt uns besonders dann, wenn wir eine passende Umgebung geschaffen haben und zur Ruhe kommen können. Wir kuscheln uns unter die Decke auf dem Sessel, trinken einen Glühwein oder Tee und lassen uns vereinnahmen von einem Gefühl der Sorglosigkeit und Unbekümmertheit. Endlich ist mal alles gut.
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Doch „endlich“ bedeutet, dass auch dieser Moment vorübergehen wird. Weihnachten ist spätestens am 6. Januar vorbei, wenn die ausgetrockneten Weihnachtsbäume eingesammelt werden. Wenn der Weihnachtsschmuck verstaut und die Lichterketten im Keller verschwunden sind. Der größte Sehnsuchtserfüller, dessen Geburtstag wir Weihnachten feiern, ist Jesus. Der Unterschied ist: Er kennt unsere Wünsche und Träume. Bei ihm können wir das ganze Jahr über, rund um die Uhr, Geborgenheit, Wärme und Trost finden. Sein Trost, seine Wärme bleiben, verändern uns. Wer erfahren hat, dass dieses Angebot ihm gilt, kann Weihnachten mit neuen Augen sehen und erleben, was echte Geborgenheit bedeutet.
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Die Sehnsucht nach Weihnachten treibt seltsame Blüten. Der früheste Weihnachtsmarkt findet Ende August in Rennerde, einem Ortsteil des sauerländischen Dorfes Nachrodt-Wiblingwerde, statt. Die Idee entstand aus einem Jux heraus. Den Bewohnern fehlte eine Attraktion in diesem Sommermonat. Rund 600 Besucher erfreuten sich 2019 an Glühwein und Schneegestöber – und das bei 30 Grad im Schatten. Was Rennerde im Kleinen, ist Berlin im Großen. Hier öffnet die sogenannte „Winterwelt“ bereits am 1. November und dauert 2 Monate. Immer mehr Städte starten in die „Weihnachtszeit“ weit vor dem 1. Advent.
Rund 3.000 Weihnachtsmärkte gibt es in Deutschland. Für Bürgermeister sind sie ein gutes Marketinginstrument, um die Menschen in die Innenstädte zu locken. Was gibt es auch Gemütlicheres, als mit Freunden in geselliger Runde einen leckeren Glühwein zu trinken? Neben dem Duft nach Zimt und Nelken verzaubern uns Dekoration, Musik und handwerkliche Angebote. Doch auch hier herrscht Goldgräberstimmung. Rund 100.000 Euro bringt ein Glühweinstand auf einem Weihnachtsmarkt pro Jahr. Bei Preisen bis zu 5 Euro pro Tasse locken Gewinne von weit über 100 %. Für das „aromatisierte weinhaltige Getränk“ gelten nur lasche Verordnungen. In den meisten Glühweinen sind überhaupt keine echten Kräuter oder Gewürze mehr zu finden. Wer Glück hat, erwischt einen Winzer-Glühwein, der aus Rebsorten wie Dornfelder oder Spätburgunder produziert worden ist.
Ereignisse, deren ursprünglicher Charakter aufgegeben wird, werden alltäglich. Auch Weihnachten verliert auf diese Weise das Besondere. Hand aufs Herz: Ist es nicht irritierend, 8 Wochen die Möglichkeit zu haben, einen Glühwein trinken zu können? Was kann man noch genießen und sich darauf freuen, wenn es anscheinend nur noch darum geht, dass wir möglichst viel konsumieren? Wo gibt es sie noch, die wahren und wärmenden Momente des Glücklichseins während er Weihnachtszeit?
Auf manchen Weihnachtsmärkten gibt es sie noch, die lebenden Krippen mit Esel, Schaf und Kuh. Mancherorts kann man Krippenausstellungen besichtigen. Und da wird uns schlagartig vor Augen geführt, dass Jesus der Anlass von Weihnachten ist. Uns beschleicht eine Art Glücksgefühl. Ja, dort in der Krippe liegt der, der als Retter der Welt angekündigt worden war. Gott wurde Mensch. Wir können mit allem, was das Leben ausmacht, zu ihm kommen – unabhängig von Weihnachten und all dem Trubel.
Jesus bietet mehr als einen Glü(h)cksmoment.